Weimar/Jena.Zum ersten Erfahrungsaustausch trafen sich am 17. Juli die ThINKA-Vorhaben in Weimar-Schöndorf. Der Einladung der Koordinierungsstelle folgten nahezu alle Projekte, so dass ein überaus konstruktiver und ehrlicher Dialog stattgefunden hat. Man beratschlagte über die bisherige Arbeit, die anstehenden Aufgaben und diskutierte intensiv die bereits gemachten Erfahrungen. Vertreter und Vertreterinnen des Sozialministeriums folgten ebenfalls der Einladung nach Weimar und standen den Projektmitarbeiter als Rategebende tatkräftig zur Seite.
Der Erfahrungsaustusch gliederte sich in vier thematische Tische, welchen die Anwesenden durchlaufen konnten, ehe im Gesamtplenum die dokumentierten Erfahrungen und Ergebnisse nochmals zusammenfassend vorgestellt wurden. Die Koordinierungsstelle griff dabei die im Vorfeld sondierten thematischen Schwerpunkte der Projekte auf: es wurde über die Gestaltung der Zielgruppenansprache ebenso freudig berichtet, wie über die Arbeit in den Steuerungsgruppen, die Öffentlichkeitsarbeit als auch die Ausstaffierung der Netzwerkarbeit. Alle thematischen Tische wurden von den Mitarbeitern der ThASG e.V. (Andreas Mehlich und Andreas Gothe) und der Koordinierungsstelle (Jacqueline Lange und Martin Langbein) moderiert, wobei es weniger um Beratungsleistung seitens der eben Genannten ging, sondern vielmehr die positiven als auch negativen Erfahrungen der Vorhaben im Mittelpunkt standen. So konnte sich ein reger Austausch entwickeln und die Projekte konnten voneinander profitieren. Positiv hervorzuhaben ist, dass die Gespräche sowohl an den thematischen Tischen als auch im anschließenden Plenum allesamt sehr offen und konstruktiv waren.
Als gemeinschaftliches Resultat wird die Koordinierungsstelle die Ergebnisse aufarbeiten und in einem Dokument zusammenbinden, so dass die Erfahrungen in einer Art „Best-Practice-File“ allen Beteiligten zur Verfügung gestellt werden. Die Idee dieses Dokuments liegt nicht nur darin begründet, dass es als Momentaufnahme der bisherigen Erfahrungen dienen soll, sondern es soll eine „pendelnde“ Datei sein, die stets seitens der Vorhaben erweitert und ergänzt wird. Im Ergebnis entsteht so ein lebendiger Leitfaden der Integrationsarbeit aller ThINKA-Projekte, welcher nicht nur positive und negative Erfahrungen sammelt und listet, sondern den Arbeitsprozess der Projekte als auch der Integrationsarbeit prozesshaft abbildet.
Tisch 1: Verständigung und Kontaktaufnahme zu Akteuren im Stadtteil bzw. in den Sozialräumen, Netzwerkarbeit vor Ort, Einzelfallarbeit (Andreas Gothe)
Gute Erfahrungen
- Persönlicher Dialog mit Akteuren vor Ort
- Auftaktveranstaltungen, Wohngebietsfeste bzw. Mundpropaganda sind positiv und gewinnbringend, um Kontakte zu allen Akteuren im Sozialraum aufzunehmen
- Öffentlichkeitsarbeit: Veröffentlichungen in der Presse dienen der Kontaktaufnahme
- Gut vorhandene Strukturen
- Einzelfallhilfe: Netzwerkpartner tauschen sich aus, um die Situation für den Klienten positiv zu gestalten
- „große Lobby“, wenn Landkreis Träger eines Projektes ist
- Kaum Berührungsängste, wenn Mitarbeiter/in bei Anwohnern durch vorherige Aufgaben bekannt
- Mediator im Gebiet à Büro liegt im Sozialraum
- Aufwertung des Stadtteils
- Regelmäßige Netzwerktreffen aller Akteure (Arbeitsbesprechungen)
Negative Erfahrungen
- Konkurrenzängste bei einigen Netzwerkpartnern („Klientenklau“)
- Große Entfernungen in den Gebieten, weitläufiger Landkreis
- „Ausnutzen“ durch verschiedene Ansprüche und Erwartungen der Akteure vor Ort
- Keine Kommunikation unter den verschiedenen Trägern im Sozialraum, dadurch Dopplung von Angeboten bzw. Angebote sind kaum bekannt
- Einige Sozialräume werden in den Kommunen oft mit einem negativen Image verbunden.
- Erreichen gewerblicher Partner, z.B. bei der Mitwirkung an Wohngebietsfesten, gestaltet sich äußert schwierig
Tisch 2: Öffentlichkeitsarbeit (Jacqueline Lange)
Gute Erfahrungen
- Vorstellung der Projekte durch die Mitarbeiter/innen bei verschiedenen Netzwerkpartnern, z.B. Ämter (Jugendamt, Sozialamt, Jobcenter), Wohnungsunternehmen, Stadtverwaltung, Kommunalvertreter (Bürgermeister), Ausschüssen (Sozial- und Kulturausschuss)
- Es werden verschiedene Medien genutzt, um Zielgruppen und Netzwerkpartner zu erreichen, z.B.:
- Pressemitteilungen (Tageszeitungen, Stadtteilzeitungen, Mieterzeitungen, Amtsblätter)
- Internet: ThINKA-Homepage und eigene Internetauftritte einzelner Projekte bzw. der Projektträger
- Flyer/Plakate: Wichtig hierbei ist, die gezielte Verteilung der Materialen in Verbindung mit persönlicher Vorsprache und Projektvorstellung
- Nutzen von regionalen TV- und Radiosendern
- Präsentation auf verschiedenen Veranstaltungen, z.B. Wohngebietsfeste, Büroeröffnungen, Auftaktveranstaltungen etc.
- Mundpropaganda
Neutrale Punkte
- Postwurfsendungen
- Infostände
- In den Teilnehmerrunden gab es dazu unterschiedliche Meinungen: Einige Projekte können mit den oben genannten Methoden durchaus positive Erfahrungen vorweisen. Bei anderen wiederum hatten diese keinen Erfolg, die Zielgruppen konnten nicht erreicht werden.
- Bilder von Projektmitarbeiter/innen auf Flyern/Plakaten: Auch hierzu gab es mannigfache Meinungen: Als positiv wurde der „Wiedererkennungswert“ bezeichnet, aber es ist auch gewöhnungsbedürftig das eigene Gesicht, z.B. auf großen Plakaten, zu sehen. Ein negativer Aspekt stellt ein Personalwechsel im Projekt dar; da die Flyer/Plakate überarbeitet werden müssen. Dies nimmt viele Ressourcen in Anspruch (Zeit, Geld).
Schlechte Erfahrungen
- Als einziger negativer Aspekt wurde für die Erstellung von Öffentlichkeitsmaterialien, z.B. Flyer, Plakate, Handzettel, der Kostenfaktor benannt: Hier spielt oftmals nicht nur der Zeitfaktor eine große Rolle, sondern auch die Gestaltungskenntnisse und –erfahrungen der einzelnen Projektmitarbeiter/innen. Die wenigsten Mitarbeiter/innen kennen sich mit der Gestaltung aus und haben nicht die dafür benötigte Software. Des Weiteren wurde erwähnt, dass bei einigen Projekten nicht unbedingt die finanziellen Ressourcen ausreichen, um einen professionellen Flyer zu erstellen.
Diskussion
- Facebook-Seite für die einzelnen ThINKA- Projekte?
- Vorteil: schnelles Erreichen einer breiten Öffentlichkeit
- Nachteile:
- negative Kommentare, die möglicherweise zu einem negativen Image führen können
- Facebook ist für Verwaltungen nicht geeignet, zum einen nicht gewollt und zum anderen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht umsetzbar
- Zeitfaktor spielt eine große Rolle, z. B. zur regelmäßigen Pflege und Moderation der Seite
- Bereitstellung eines einheitlichen Layouts durch die Koordinierungsstelle, z. B. für Flyer/Plakate:
- Vorteile: Wiedererkennungswert und Zeitersparnis für alle ThINKA-Projekte
- Nachteil: Einige Projekte haben bereits ihre eigenen, individuellen und projektrelevanten Flyer erstellt und diese bereits kommuniziert. Ein zweiter Flyer würde bei den Zielgruppen und Kooperationspartnern für Verwirrung sorgen. Des Weiteren würden weitere finanzielle Kosten für die einzelnen Projekte entstehen, die so nicht tragbar sind.
- Zustimmung erfolgte für die Bereitstellung eines einheitlichen Plakates für alle Stützpunkte durch die Koordinierungsstelle.
- ThINKA-Homepage:
- Der Wunsch einzelner Stützpunkte ist es, einen internen Login-Bereich für alle Projekte auf der ThINKA-Homepage zur Verfügung zu stellen, damit ein schneller und direkter Austausch untereinander ermöglicht werden kann.
Tisch 3: Gestaltung Bürgeransprache, Kontakt zur Zielgruppe (Andreas Mehlich)
Gute Erfahrungen
- Rückgriff auf eine etablierte soziale und räumliche Infrastruktur, soziokulturelles Zentrum, Bürgerzentrum, Mehrgenerationenhaus etc.
- Einbeziehung der Teilnehmer beim Aufbau der neuen Strukturen, z.B. Renovierung des INKA-Büros (Schmalkalden), stärkt die Identität
- Aktionen im Sozialraum, informelle Kontaktaufnahme unter den Akteuren und Ansprache der Zielgruppe
- Rückgriff auf bestehende Kontakte
- Einbeziehung Gewerbetreibende, z.B. Fußpflege, Nutzer werben und sind zum Teil selbst Zielgruppe
- Adressbuch für Angebote, KOMPASS, gute Arbeitsgrundlage, wenn vorhanden
- Ansprache Kitas und Schulen, insbesondere Entlastung Erzieherinnen und Lehrer, INKA als weiterführende Instanz, um Probleme den Pädagogen abzunehmen, die zum Teil mit den Einzelfällen überlastet sind
- Zusammenwirken LAP, TIZIAN und ThINKA, in Arnstadt und Ilmenau, Synergie-Effekte
- Mundpropaganda ist das beste Werbungsmittel, positive Erfahrungen werden persönlich weitergegeben, gerade bei Jugendlichen ist dies wichtig, da diese nicht über Flyer oder Printmedien erreichbar sind
- Werbung und Unterstützung durch Wohnungsunternehmen
Schlechte Erfahrungen
- Das Projekt muss wachsen, Schwellenängste seitens der Zielgruppe müssen abgebaut werden
- Zwei Jahre hat es gedauert, erst dann konnten wir sagen, dass wir angekommen sind (Weimar mit TIBI-Erfahrungen)
- Einzugsgebiet steuern, Zulauf aus dem Umfeld und anderen Quartieren bzw. Dörfern
- Konkurrenzgedanke, Befindlichkeiten, Kampf um die Zielgruppe
- Freiwilligkeit erhöht die Hürde, Angebot muss attraktiv und konkret sein
- Scheideweg zwischen Druck/“Zwang zum Glück“ und Freiwilligkeit, wie bekommen wir das hin?
- Kein Anhängsel des Jobcenters, der ARGE, Vereinnahmungstendenzen
- Festschreibung „Inanspruchnahme des Beratungsangebotes“ in der Eingliederungsvereinbarung einzelner Teilnehmer (Weimar), wirkte sich negativ auf deren Motivation aus; ist zum Teil passiert, deshalb muss mit den Fallmanagern und Teamleitern im Jobcenter oder der ARGE gesprochen werden, um dies zu vermeiden
- Durch Zwang auf den Teilnehmer wird INKA zur Maßnahme „abqualifiziert“
Was soll weiter verfolgt werden?
Darstellung des wirtschaftlichen Aspektes bei den Wohnungsunternehmen, sie sparen Geld durch INKA – Einsicht ist noch nicht überall vorhanden, was es den Wohnungsunternehmen bringt.
Tisch 4: Steuerungsgruppenarbeit und Erwartungen an die Koordinierungsstellen (Martin Langbein)
Gute Erfahrungen:
- Man konnte zahlreiche Partner für die Steuerungsgruppenarbeit gewinnen
- Ein gegenseitiges Kennen der potentiellen Mitglieder der Steuerungsgruppe erleichtert die Animation zum Mitwirken stark
- Positiv bewertet wird, dass man kommunale Partner gewinnen kann
- Positive Erfahrungen konnten bezüglich der Zusammenarbeit mit den Wohnungsgesellschaften als auch mit den sozialen Diensten gewonnen werden
- Ist die Gruppe vielfältig gemischt aus Entscheidungsträgern zahlreicher verschiedener Institutionen, hat dies positive Effekte für die Zusammenarbeit
- Ein vorher festgelegtes Programm und Materialversand vorab der Sitzungen ist ratsam und lässt nicht abgleiten
- Das Erstellen von Protokollen der Sitzungen und deren Versand ist sinnvoll
- Wird auf Augenhöhe debattiert, erweist sich dies als positiv
- Die Teilnahme der Koordinierungsstellen wird überaus positiv bewertet, da so einerseits die Wertigkeit des Projekte auf kommunaler Ebene gestärkt wird und andererseits ein Vermittler zu gegen ist
- Die Koordinierungsstelle berichtet vernetzend aus anderen Projektkontexten, was als horizonterweiternd und sinnhaft bewertet wird
Neutrale Punkte
- Das Delegieren der Aufgaben und Zuständigkeiten seitens der kommunalen Partner wird als zweischneidig bewertet
- Die städtischen Fachbereiche sind teilweise sehr engagiert, jedoch teilweise auch desinteressiert und träge
- Die eigene Rolle als ThINKA-Mitarbeiter ist nicht jedem Kooperationspartner bewusst und muss definiert werden, was sich als schwieriger Prozess gestaltet
Schlechte Erfahrungen
- Teilweise bestehen seitens der Mitglieder der Steuerungsgruppe Befindlichkeiten, die mit in die Arbeit einfließen und als störend bewertet werden
- Ist die Steuerungsgruppe von einer starken Hierarchie durchzogen, lähmt das die Arbeit
- Mitarbeiterwechsel in den Institutionen führen zu geänderten persönlichen Präferenzen und es ändern sich zukünftige Ziele bis hin, dass Kooperationen komplett unter den neuen Mitarbeitern versanden, was das Projekt zumindest in bestimmten Punkten latent gefährden kann
Debatte
- Diskussionen um Offenheit oder Exklusivität der Steuerungsgruppe à ein allgemeingültiges Muster kann nicht gesetzt werden, da dies vom Projektrahmen und der Konzeption der Vorhabens abhängt
- Die Größe der Steuerungsgruppe ist ebenfalls projektabhängig, wobei es sich empfiehlt, dass die Größe nicht überbordet à sechs bis zehn Personen erscheinen aktuell als ideal
- Debatte um regelmäßige Treffen der Steuerungsgruppe oder problem- bzw. themenorientierte Treffen à jedes Projekt legt dies selbst fest und findet besten Weg